Kardiologie Zentrum München

Fachärztliche Praxis im herzen münchens, Tal 21

Akademische Lehrpraxis der Ludwig-Maximilians-Universität Münchens

Covid-19 greift auch das Herz an

Frage: Greift Corona auch das Herz an?

Prof. Dr. med. Sigmund Silber: Ja – und zwar relativ häufig auch unbemerkt. Hierbei muss man un- terscheiden, ob ‚lediglich‘ Viren in das Herz eindringen oder ob es durch eine überschießende Ab- wehrreaktion des Körpers zu schweren, zum Teil auch bleibenden Schädigungen kommt. Die Häufigkeit einer Herzbeteiligung liegt aufgrund von Studien zwischen circa 60 und 80 Prozent. Von diesen ist eine Herzmuskelentzündung (Myokarditis) in circa 26 Prozent der Fälle am häufigsten, gefolgt von der Mög- lichkeit eines Herzinfarktes bei circa 20 Prozent.

Bei welchen Anzeichen sollte man sofort eine Praxis oder eine Klinik aufsuchen?

Prof. Dr. med. Sigmund Silber: Zunächst gilt unverändert, wie auch schon vor der Pandemie: Plötzlich auftretende Schmerzen in der Mitte der Brust – also hinter dem Brustbein in Ruhe oder bei körperlicher Belastung – oder erstmals aufgetretene Atemnot sind als Alarmzeichen zu werten.

Je nach Intensität der Beschwerden sollte für eine Kontrolle mittels Elektrokardiogramm (EKG) und Blutentnahme unverzüglich eine hausärztliche Praxis aufgesucht oder der ärztliche Notdienst gerufen werden. Keine Verzögerung aus Angst vor Ansteckung in Praxis oder Klinik, keine Zurückhaltung, um Betten „für Corona“ frei zu halten! Unabhängig davon, macht „Corona“ im Akutstadium – neben Fieber, Husten und Atemnot – unspezifische Symptome, wie etwa Brustschmerzen, „Halskratzen“, Herzrasen, Durchfall oder Geruchs- und Geschmacksverlust. Im Langzeitverlauf kann aber eine Vielzahl von weiteren unspe- zifischen Symptomen auftreten, wie Müdigkeit, Abgeschlagenheit, „Gelenk- oder Knochen- schmerzen“, Appetitlosigkeit, Haarausfall sowie Vergesslichkeit, Schlaflosigkeit oder depressive Verstimmung.

Welches ist die beste Methode, um nach überstandener Covid- 19-Erkrankung eine Herzbetei- ligung auszuschließen oder nachzuweisen?

Prof. Dr. med. Sigmund Silber: Das ist zweifelsfrei die Kernspintomographie (MRT) des Herzens. Sie wird in der „Magnetröhre“ durchgeführt und dauert etwa 20-40 Minuten. Es ist die einzige „unblutige“ Methode in der Diagnostik einer Herzmuskelentzündung. Leider besteht in Deutschland diesbezüglich eine Zwei-Klassenmedizin: Private Krankenkassen ermöglichen das MRT des Herzens, aber es ist keine Leistung der gesetzlichen Krankenkassen.

Welche Konsequenzen ergeben sich aus dem Ergebnis der Kernspintomographie des Herzens nach Corona?

Prof. Dr. med. Sigmund Silber: Wenn sich der Verdacht auf eine Herzbeteiligung im Sinne einer Herzmuskelentzündung bestätigt, dann ist körperliche Schonung, insbesondere Vermeidung von sportlichen Aktivitäten für circa drei Monate angesagt. Das ist für viele nicht erfreulich – aber notwendig. Wenn kein Anhalt für eine Herzbeteiligung besteht, dann können die betreffenden Personen beruhigt werden, was ihnen nach überstandener Covid-19-Erkrankung sehr gut tut.